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Bund für vereinfachte rechtschreibung (BVR)

presseartikel18. 8. 1928 → Referat [teil 1]
ortografie.ch ersetzt sprache.org ortografie.ch ersetzt in zukunft sprache.org

Referat über die vereinfachung der deutschen rechtschreibung [teil 1]

gehalten von am 29. mai 1926 in Baden, an der interkantonalen konferenz zur besprechung der ortografiereform 1).

Pionier: Organ der schweizerischen permanenten Schulausstellung in Bern (), , 49. jg., nr. 5–6, s. 33 bis 41

Sehr geehrte versammlung!

Zuerst möchte ich meiner freude ausdruck verleihen, dass ich heute vor ihnen über ortografiereform sprechen darf. Wer hätte das vor einigen jahren noch vermutet, damals, als man jeden für nicht ganz normal hielt, der sich mit solchen ideen an die öffentlich­keit wagte. Heute hat sich in dieser hinsieht doch eine gewisse Wand­lung vollzogen.

Ich nehme an, dass sie alle sich in letzter zeit in irgendwelcher weise mit der ortografiereform beschäftigt haben, angeregt durch die verschiedenen einsendungen in der schweizerischen lehrerzeitung. Und ich darf auch annehmen, dass sie alle empfinden: wir stehen hier vor einer frage, die wichtig ist für das öffentliche leben und ganz besonders wichtig für die schule, der wir unsere arbeit und unser denken widmen.

Ich will gleich auf die hauptsache eingehen und zwei fragen stellen:

1. Ist eine reform, eine vereinfachung unserer gebräuchlichen deutschen rechtschreibung überhaupt wünschenswert?

2. Ist eine solche möglich?

Schon die antwort auf die erste frage wird sehr verschieden aus­fallen. Der grossteil der schreibenden und lesenden wird sie heute vielleicht verneinen. Es ist diesen leuten überhaupt noch nicht zum bewusstsein gekommen, dass etwas anderes möglich sein könnte. Sie leben so sehr im glauben daran, dass ortografie etwas feststehendes, bleibendes sei, etwas wie ein schicksal, das über den modernen menschen verhängt ist, dass sie überhaupt noch nie darüber nachgedacht haben. Ein anderer teil des publikums lehnt von vornerehein jede änderung des bestehenden, seit jugend auf gewohnten ab. Dafür bietet eine einsendung im Basel-Landschäftler vom 7. april 1926 ein prächtiges beispiel. Sie knüpft an an eine kurze korrespondenz über die jahresversammlung unseres bundes. Nachdem der einsender zuerst von der geschmacklosigkeit gesprochen hat, die eine abschaffung der grossschreibung bedeute, indem dadurch «unsere schöne, heimelige deutsche Schrift verunstaltet und verhunzt» werde — der einsender verwechselt dabei schritt und ortografie! — fährt er folgendermassen fort: «Wenn ich daran denke, mit wieviel Mühe in den Schulen gearbeitet wird, um den Kindern das Schreiben beizubringen, so tut es mir direkt weh, wenn es Leute geben kann, die dieses in schwärmerischer Weise nur so über den Haufen werfen möchten. Es wäre doch schade, ja sogar ungerecht, wenn ich an die Prügel und an die Tränen denke, die eine Folgeerscheinung waren, als ich schreiben lernte, die grossen wie die kleinen Buchstaben.» — Dies eine treffende illustration einer weitverbreiteten mentalität.

Daneben aber gibt es viele, und zwar in erster linie gebildete leute, die schon längst von der wünschbarkeit, ja sogar von der notwendigkeit einer reform überzeugt sind. Und mir scheint, dass zu dieser gruppe eigentlich jeder lehrer gehören sollte, der sich tagtäglich damit beschäftigt, den kindern die schwere kunst der ortografie beizubringen.

Wünschbar mindestens, scheint mir, müsste jedem lehrer eine solche vereinfachung sein, ganz besonders in einer zeit, wo unsere schule sich neu orientiert. Überall ertönt der ruf: wir müssen da abbauen, wo es möglich ist, um zeit zu gewinnen für einen vertieften unterricht. Wir wollen ja nicht mehr nur blosse fertigkeit erzielen bei den kindern, wir dringen auf tieferes verständnis. Wir wollen besonders im sprachunterricht nicht rein formales wissen und können, sondern wir wollen, dass unsere sprache erlebt und zum träger see­lischer werte werde im kinde. Das soll zwar nicht heissen, dass dies bis dahin nicht auch möglich gewesen wäre, o nein. Aber unter der herrschaft der amtlichen, sogenannten Dudenschen rechtschreibung geht unendlich viel zeit und nervenkraft verloren mit der einübung einer komplizierten schreibweise, die sicher weit nutzbringender angewandt werden könnte. Und erst noch mit welchem erfolg? Nur ein kleiner teil der volks- und bezirksschüler bringt es zu annähernder beherr­schung der heutigen ortografie, zu einigermassen fehlerfreiem schreiben. Zur vollkommenen beherrschung der schweren kunst bringt es über­haupt kaum jemand, wie die versuche mit dem sogenannten Kosogschen diktat bewiesen haben.

Das bedenkliche aber ist, dass diese amtliche ortografie ein geistiger wertmesser geworden ist. Ortografiereinheit entscheidet oft über den erfolg in einem wettbewerb. Nach ihr wird die geistige fähig­keit grossenteils bewertet. Wer ortografische fehler macht, trägt einen bildungsmakel. Dem ist so, wie sehr es auch immer wieder in abrede gestellt wird. Ich weiss das aus eigener erfahrung, d. h. ich beurteile gefühlsmässig immer noch so, trotzdem ich davon überzeugt bin, dass in unserer heute gebräuchlichen schreibweise manches sinnlos geworden ist und dass ihre beherrschung nur eine gewisse fähigkeit des gedächtnisses beweist. Ich stütze mich bei dieser feststellung auf allerneueste erfahrungen. Bei den aufnahmeprüfungen für die bezirksschule Aarau habe ich folgende beobachtung gemacht: wohl stimmt bei manchen schülern ortografisches können und sprachliche fähigkeit überein, bei manchen aber klafft ein sonderbarer widerspruch. Es gab schüler, die ein ganz ordentliches verständnis zeigten, die sich auch befriedigend auszudrücken verstanden, im diktat aber bekamen sie eine 4 oder 5. Andererseits aber gab es einige, und zwar besonders mädchen, die in ortografie 1 oder 1—2 erhielten, deren aufsätze aber inhaltlich und im sprachlichen ausdruck sehr schwach waren.

Vielfach schreibt man den ortografischen übungen sprachbildenden wert zu. Dies ist jedoch nur sehr bedingt richtig. Denn unsere heutige ortografie hat so viele sinnlosigkeiten und willkürlichkeiten, es ist so wenig konsequenz darin, dass von wirklicher sprachbildung bei solchen übungen nicht die rede sein kann. Ja, das richtige sprachliche gefühl des naiven kindes wird sogar in manchen fällen dadurch ver­wirrt. Denken wir nur an fälle wie «voll» und «füllen», «vor» und «fort», an den wirrwarr der dehnungszeichen oder gar an die sub­stantive und ihren anhang, die substantivierten wörter aller art. Einige beispiele der spitzfindigkeiten, die wir unseren kindern zumuten müssen: nach «Duden» schreibe man: der letzte (er ist der letzte, den ich wählen würde) — aber: er ist Letzter oder der Letzte der Klasse! Der letztere aber ist immer klein zu schreiben! Sagen sie mir, bitte, weshalb

Oder: die Nacht; aber: heute nacht — nachts, aber: des Nachts. Was ist des Nachts überhaupt für eine grammatikalische form? der genitiv von Nacht der lautet anders. Es ist nichts als eine unrichtige analogiebildung nach: des Tags. Und ist es im gründe nicht ebenso gut adverbial gebraucht wie «nachts»?

Neuerdings schreibt man nach dem «Duden» von 1924 auch: eine Zeitlang. Die Zeitlang ist also zum richtigen «dingwort» erhoben worden, es ist der «ehre des nomens» teilhaftig geworden, wie man früher so schön sagte. Ist das nicht die reine willkür? Kann man nicht mit ebenso gutem oder besserem recht behaupten, zeitlang sei ein adverbialer begriff und müsse somit trotz des artikels klein ge­schrieben werden, wenn man nicht die alte, sinngemässe schreibung in drei wörtern: «eine Zeit lang» anwenden will?

Der fall ist aber noch in anderer hinsieht interessant. Er be­weist, wie übrigens noch manch andere neuere wortbildungen, dass die wortarten eben nicht durch scharfe grenzen getrennt sind, sondern in einander überfliessen, und dass es überhaupt keine genügende definition des substantivs gibt. Und mit solchen knifflichen begriffsklaubereien zweifelhafter natur plagen wir die kleinen kinder! Geben wir ihnen da nicht steine statt brot?

Soviel vom standpunkt des lehrers aus. Die ortografie ist aber nicht nur eine schulangelegenheit, sondern sie geht das ganze volk an, heute mehr als je. Ich möchte betonen, dass schreiben nicht mehr die angelegenheit einer kleinen gebildeten oberschicht ist wie vor 100—200 jahren! Heute muss sozusagen jeder schreiben, schon als staatsbürger unserer demokratie, — es ist, darf man wohl sagen, eine volksangelegenheit im weitesten sinne des wortes. Der handwerker, der bauer, der arbeiter muss heutzutage auch die feder führen können. Wäre somit eine vereinfachung der schreibweise nicht eine wohltat für das ganze volk, auch abgesehen von den schulkindern und lehrern? Sie ist aber auch eine sache der eltern. Schade ist nur, dass die men­schen so leicht vergessen, dass sie im alter nicht mehr wissen, wie sie sich in der jugend im dienst der gottheit ortografie geplagt haben. Oder sie denken eben wie jener Basellandschäftler: was dem einen recht ist, ist dem andern billig: die prügel, die ich seinerzeit bekommen habe, sollen der heutigen jugend nicht vorenthalten werden!

In erster linie praktische vorteile aber bietet eine vereinfachung dem kaufmann. Er spart dadurch viel zeit und geld ein, dies vor allem beim maschinenschreiben.

So beantworte ich die frage nach der wünschbarkeit einer reform mit einem unbedingten ja, trotzdem heute die masse der schreibenden sie verneinen mag.

Wie aber steht es mit der zweiten frage: ist eine solche reform möglich, und zwar ohne dass unsere sprache darunter leidet? — Darüber sollen in erster linie die sprachgelehrten entscheiden. Und da will ich ihnen folgendes zu bedenken geben: Zwar gibt es auch unter den sprachwissenschaftlern gegner einer reform; jedoch gerade die grössten, die führenden sprachforscher sind eifrige befürworter einer solchen gewesen oder sind es heute noch. Jakob Grimm, der begründer der deutschen sprachwissenschaft, ist auch der eigentliche begründer der reformbewegung. Er hat ganz besonders aus sprachhistorischen gründen die rückkehr zur kleinschreibung befürwortet. Ferner nenne ich ihnen Schleicher, den grossen indogermanischen sprachforscher, und Wilmanns, den schöpfer einer der besten historischen grammatiken der deutschen spräche, Wackernagel und Hermann Paul, den be­kannten münchner germanisten, Braune und Heyne. Die reihe liesse sich beliebig verlängern. Doch will ich ihnen nur noch prof. Bachmann in Zürich nennen, den verdienten mundart-forscher und chefredaktor des schweizerischen Idiotikons, und Otto von Greyerz, dessen sprach­pädagogische bücher und mundartdichtungen sicher auch ihnen be­kannt sind. Und als allerletzten nenne ich in diesem zusammenhang auch noch einen, dessen namen sie wohl nicht erwarten: Konrad Duden. Auch Duden war ein reformer, der für eine zukunftsortografie sogar sehr weitgehende forderungen stellte, und wenn man sein wörterbuch, das die grundlage für die vereinheitlichung der ortografie bot, zum starren gesetz gestempelt hat, so tut man seinem verfasser ein unrecht an. Dies zu seiner ehrenrettung. Die reformfreunde be­finden sich also in durchaus guter gesellschaft und dürfen ruhig sagen: die wissenschaft steht auf unserer seite. Die kleinschreibung z. b. ist denn auch schon längstens fast durchwegs angewandt worden in der fachwissenschaftlichen literatur der germanisten.

Was aber ist alles reformbedürftig in unserer ortografie? Ich will ganz kurz die wichtigen punkte herausgreifen, denn zu einer ein­gehenden sprachhistorischen behandlung fehlt uns die zeit.

In erster linie steht da die grosschreibung. Vorausgeschickt sei, dass grosschreibung und sprache, gesprochene sprache, überhaupt nichts miteinander zu tun haben, insofern wir das schreiben als wiedergabe der sprachlaute auffassen. Sie ist eine reine angelegenheit des auges. Die deutsche sprache hat denn auch die grosschreibung der substan­tive im heutigen sinne als feste regel überhaupt nicht gekannt bis ins 18. jahrhundert hinein. Gross geschrieben wurden in der mittelhoch­deutschen blütezeit nur satzanfänge und eigennamen. Ich erinnere an die prächtigen initialen der mittelalterlichen handschriften. Ver­einzelt vom 15., besonders aber vom 16. jahrhundert ab, dringen dann langsam die majuskeln oder versalbuchstaben, wie man sie damals nannte, in das innere des satzes ein, bis es zu anfang des 18. jahrhunderts sitte geworden ist, die substantive und gelegentlich auch substantivisch verwendete wörter mit der majuskel auszuzeichnen: Ich betone aber, dass es sitte und nicht strenges gesetz geworden war und dass in der praxis weitgehende freiheit herrschte. Die gründe jedoch, die zu dieser entwicklung führten, sind, soweit sie analysiert werden können, überhaupt nicht sprachlicher natur. Die grossschreibung der substantive ist wie viel anderes überflüssiges in unserer schreibung ein kind der barockzeit, und ihre wurzeln sind teils kultur­psychologischer, teils ästhetischer natur. Ausgegangen ist sie bekannt­lich vom worte GOTT, das man, um seine religiöse verehrung aus­zudrücken, in dieser weise auszeichnete. Dann wurden andere wörter, die sich ebenfalls auf gott bezogen, mit majuskel versehen, z. b. Der, Flirte, Unser Vater, wobei gelegentlich aber auch so geschrieben wurde dEr oder: uNser vAter. Zu verfolgen ist dieser prozess sehr schön in den verschiedenen ausgaben der lutherischen bibel.

Vom religiösen gebiet wurde dann bald die verehrung durch grosschreibung übertragen auf das weltliche gebiet, indem alle wörter, welche sich auf die weltliche obrigkeit bezogen, ebenfalls dieser ehre teilhaftig wurden; daher auch die grosschreibung der sogenannten höflichkeitsformen. Fördernd für diesen prozess wirkte ferner das ästhetische moment der schön geschwungenen majuskel. Denken wir dabei an die überreiche Ornamentik der barockzeit. Die schreibung verlor damals überhaupt die alte einfachheit, indem zur selben zeit auch die vokalverdoppelungen und konsonantenhäufungen mode wurden, eine erscheinung, die wieder auf dem gebiet der literatur ihre parallele hat, in dem schwülstigen stil der barockdichter.

Die erscheinung ist psychologisch höchst interessant. Ver­standen hat man sie damals natürlich nicht. So haben denn auch manche grammatiker diese komplizierung der schreibweise, und be­sonders die immer weiter um sich greifende grosschreibung, bekämpft bis ins 18. jahrhundert hinein. Erst der mächtige Gottsched hat ihr durch seinen einfluss vollends zum siege verholten. Das misslichste daran ist aber, dass man bei der grosschreibung der eigentlichen substantive nicht stehen blieb, sondern dass im 19. jahrhundert nun auch alle möglichen substantivisch verwendeten ausdrücke der «ehre der grosschreibung» teilhaftig wurden, wie ich oben schon ausgeführt habe. Dadurch aber kommen wir zu einer komplizierung der schreibweise, die ans absurde grenzt, so dass der einfache menschenverstand überhaupt nicht mehr aus und ein weiss. Ungefähr die hälfte aller schreibregeln betrifft denn auch die grosschreibung, und die fehler darin überwiegen weitaus. Davon habe ich mich letztes jahr durch einige statistische feststellungen in den heften meiner schülerinnen überzeugt.

Darum fordern die freunde der reform in erster linie: abschaffung der grosschreibung der substantive.

Der zweite wunde punkt und zugleich die zweitwichtigste fehlerquelle ist die dehnung und damit in zusammenhang die schärfung.

Hier leidet unsere schreibung an vollständiger inkonsequenz, die sprachgeschichtlich erklärbar ist. Das sogenannte dehnungs-h, sowie das -e in ie wurde ursprünglich gesprochen. Ein alter ch-laut, war er schon um 1200 abgeschwächt zu einem immerhin noch deut­lichen h-laut: gmahel (Gemahl), zäher (Zähre), zehen (zehn) usf. Später war es vollständig abgeschwächt, so dass das h schon im 16. jahrhundert nicht mehr verstanden und als dehnungszeichen aufgefasst wurde. Es schob sich dann auch bei vielen anderen wör­tern ein, wo es lautgeschichtlich nicht hingehört. Beispiele: Bahre, Jahr, lehren, Ohr, Ruhm und viele andere. Daneben aber sprechen wir eine ganze menge wörter genau so gedehnt, ohne dass wir die länge bezeichnen. Ebenso steht es mit -ie. Ursprünglich wurde ein diphtong gesprochen wie heute noch in unseren dialekten: liebi. Die aussprache änderte sich, die lautbezeichnung blieb bestehen, wurde nicht mehr verstanden und das -e wurde schliesslich als dehnungszeichen aufgefasst.

Ins gebiet der dehnung gehören auch die vokalverdoppelungen. Sie stammen meist aus der barockzeit, sind aber längst schon auf dem rückzug begriffen, da sie mehr und mehr als überflüssig angesehen wurden. Ihrem vollständigen verschwinden, wenigstens im innern der wörter, stehen wohl am wenigsten hindernisse entgegen. — Diese mannigfaltigkeit der dehnungszeichen, wobei völlige regellosigkeit herrscht, erschwert das schreiben ganz besonders, und schon Konrad Duden hat die dehnung als einen der punkte bezeichnet, an denen eine vereinfachung einsetzen müsse.

Innerlich verwandt mit der dehnung ist ferner die sogenannte schärfung, die verdoppelung der konsonanten zur bezeichnung der vokalkürze, wozu auch die ck und tz gehören. Auch hierin ist eine vereinfachung angebracht, doch sind dehnung und schärfung, als bezeichnung der vokallänge und -kürze miteinander zu behandeln und im Zusammenhang zu vereinfachen.

Auf ursprünglich lautliche unterschiede, die heute aber fast ganz verwischt sind, geht auch die vielheit unserer s-bezeichnungen zurück. Eine vereinfachung bringt da schon der übergang zur antiqua, wodurch mindestens das schluss-s und leicht auch das scharfe s aus­geschaltet werden kann.

Ein stein des anstosses, über den sich besonders der maschinen­schreiber ärgert, wenn er drei- statt einmal tippen muss, ist das sch. Auch diese schreibweise ist ein historisches überbleibsel. Das ein­fachste wäre hier ein neues zeichen, doch ist die einführung von solchen immer eine schwierige sache.

Sehr lästig und dabei heute vollkommen sinnlos sind die ver­schiedenen zeichen für den f-laut. Auch hier liegt ursprünglich laut­liche verschiedenheit zugrunde. Doch ist dieselbe schon längstens, seit mindestens 600 jähren verschwunden; wir schleppen aber immer noch f und v nach; zudem entspricht die heutige verteilung dieser zeichen den historischen verhältnissen nicht mehr, indem man heute manche wörter mit v schreibt, die früher f hatten und umgekehrt. Der gipfel des absurden aber sind voll und füllen, vor und fort, eine schreibung, die allem sprachgefühl hohn spricht. Dazu kommt dann noch das pseudo-griechische ph, als gelehrtenschrulle des 16. und 17. Jahrhunderts. Das f als alleiniges zeichen würde vollkommen genügen. (Fortsetzung folgt.)


1) Die Orthographiereform wird seit einer Reihe von Jahren in Lehrerkreisen besprochen. Es ist angezeigt, dass auch der «Pionier» einmal hierzu Stellung nehme. Wir bringen zunächst das vorstehende Referat zum Abdruck, um uns am Schlusse zur Frage kurz zu äussern.